Kommunikation mit Angehörigen
„Mal länger zu bleiben, um dann da auch die Angehörigen aufzufangen, das bleibt nicht aus auf der Intensivstation. Das ist aber in der normalen Intensivmedizin auch nicht so viel anders, durch die Pandemie ist das aber verstärkt gewesen, da Angehörige zeitweise nicht rein durften.“
– Oliver, Arzt auf der Intensivstation, 42 Jahre
Arbeit in der Klinik:
Interaktion auf Augenhöhe
Arbeit in der Klinik bedeutet intensive Interaktion. Nicht nur mit Patient:innen, sondern auch mit deren Angehörigen. Pflegekräfte sind oft die ersten Ansprechpartner:innen für Angehörige, da sie durch den engen Kontakt mit den Patient:innen deren Bedürfnisse und Veränderungen unmittelbar wahrnehmen.

Auch wenn der Berufsalltag stressig ist, bleibt das offene Ohr für Angehörige unverzichtbar. Niemand kennt die zu behandelnde Person so gut wie sie.
- Angehörige bemerken oft als Erste, wenn etwas nicht stimmt
- Sie sind eine wertvolle Informationsquelle über das Wohlbefinden der Patient:innen
Besonders dann, wenn es der betroffenen Person selbst nicht möglich ist ihre Situation vollständig zu schildern oder sie sich gegenüber dem Pflegeteam unbewusst anders zeigt, sind Angehörige eine wichtige Unterstützung
Was darüber hinaus ist wichtig bei der Kommunikation mit Angehörigen?
- Zuhören ist wie so oft das A und O für zielführende Kommunikation. Geht es den Angehörigen um eine fachliche Rückfrage oder möchten diese vielleicht nur ein Gefühl dafür bekommen, wer sich hier um ihre Liebsten kümmert? Oft sind Patient:innen während ihrer Aufenthalte teilweise oder ganz auf Sie als Pflegekraft bzw. ärztliches Fachpersonal angewiesen. Die Angehörigen wissen das und möchten möglicherweise einfach etwas Vertrauen entwickeln. Manchmal suchen sie den Kontakt zu Ihnen auch via Fachfragen, aber im Kern geht es ihnen um etwas anderes, nämlich darum, Gewissheit und Sicherheit zu entwickeln, wem sie ihre Liebsten anvertrauen.
- Bleiben Sie auch unter Druck so gut Sie können freundlich. Vor allem im Stress neigen wir dazu etwas kürzer angebunden und ggf. auch unfreundlicher zu sein als normal. Das gilt nicht nur für die Angestellten in der Klinik, sondern auch für Angehörige – und meist ist der Besuch einer Patientin bzw. eines Patienten eine stressige oder gar schmerzhafte Erfahrung, Gefühle des Ausgeliefertseins können bei Angehörigen leicht entstehen. Vielleicht hilft es, sich immer wieder klarzumachen, dass das, was für Sie beruflicher Alltag ist, für die Angehörigen ein belastender Ausnahmezustand ist.
- Vermeiden Sie Fachsprache. Die meisten Angehörigen sind keine Expert:innen für die Krankheiten oder Unfälle der Patient:innen und kennen sich deshalb auch in der Fachsprache wenig aus. Versuchen Sie, ihnen die Dinge deshalb möglichst ohne Fachsprache zu erklären. So können Sie Verunsicherungen oder auch Missverständnisse bei ihnen vermeiden, denn viele trauen sich nicht, nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstehen.
- Verweisen Sie gegebenenfalls weiter. Oft sind ärztliches Fachpersonal, Seelsorgende etc. für Angehörige vor Ort schwerer greifbar als Pflegekräfte. Wenn sie Fragen haben, zu denen Sie keine ausreichende Antwort parat haben, dann sagen Sie ihnen möglichst konkret, von wem (und möglichst auch wo und wann) sie diese erhalten können. Oft entlastet es Angehörige schon, dass sie einen Termin, einen Link, eine Mailadresse oder eine Telefonnummer bekommen, unter der sie in Kontakt treten können bzw. mehr Informationen kriegen.
- Nutzen Sie den Kontakt zu Angehörigen auch für Ihre Fragen zur behandelten Person oder ihrem (früherem) Befinden, Coping etc. Sprechen Sie die Angehörigen darauf an und erklären Sie ggf. in einem Satz, warum das wichtig für Sie ist. Die meisten Angehörigen geben gerne Auskunft und freuen sich, wenn ihre Wahrnehmungen mit in die Behandlung einbezogen werden.